“Ein Hobby, das meinen Charakter unterstreicht”
Alberto Pasin gehört zu einer besonderen Spezies Mensch. In Italien existieren gerade einmal 60 seiner Art. Ganz schön wenig, bei rund 60 Millionen Einwohnern. Alberto Pasin ist Ballonfahrer. Im Interview spricht der Pilot über seine große Leidenschaft, die er mittlerweile mit seiner großen Liebe teilt.
Er erzählt von Venezianischen Villen, Schwedischen Märchenwäldern und den grünen Weiten Irlands, die er im Heißluftballon überquerte. Und er verrät, was zu tun ist, wenn einem in mehreren Tausend Metern Höhe die Blase drückt.
Alberto, beginnen wir von vorne: Wie bist du zum Ballonfahren gekommen?
Der Wunsch Ballonfahrer zu werden kam bei mir im Jahr 1994 auf. In Italien sind wir gerade einmal 60 Fahrer bei ca. 60 Millionen Einwohnern, also einer auf eine Million. Ausschlaggebend war dieses atemberaubende, ganz besondere Gefühl, welches regelmäßig in mir hoch kam, als ich am Ende einer Wanderung am Gipfel eines Berges stand. Diese Emotionen wollte ich auf andere Art und Weise nachahmen, und zwar mithilfe eines ganz besonderen Fluggerätes: dem Heißluftballon.
Kannst du dich an deine erste Ballonfahrt erinnern? Was ging dir dabei durch den Kopf, wie hast du dich gefühlt?
Ich bin das erste Mal in der Gegend von Bologna mit einem Ballon aufgestiegen. Ich habe dort die Flugschule besucht. Es war eine großartige, emotionale Erfahrung. Wir sind durch ein paar Wolken geflogen und die Passagiere, es waren wohl Touristen, eines kleinen Flugzeuges haben uns gegrüßt. Es war eine Erfahrung, die eine unauslöschliche Spur in meinem Leben hinterlassen hat. Es waren einzigartige Eindrücke, die mich angespornten, Pilot zu werden.
Wie hat sich deine Begeisterung für die Ballonfahrt seither entwickelt?
Anfangs habe ich meinen Ausbilder auf seinen Ausflügen begleitet. Im Jahr 2004 habe ich mir dann einen eigenen Heißluftballon gekauft. Seither konnte ich meine Leidenschaft mit vielen Freunden und unzähligen anderen, kulturell wie sozial völlig unterschiedlichen Personen teilen. Der Ballonfahrt verdanke ich auch eine ganz besondere Bekanntschaft: Und zwar habe ich 2004 jene Frau kennengelernt, die nach ein paar Jahren meine Crew-Chefin und später meine Ehefrau werden sollte.
Gib uns mal einen kleinen Einblick in die Welt des Ballonsports: Welche verschiedenen Arten und Stile des Ballonfahrens gibt es denn eigentlich?
Die Ballonfahrt des 21. Jahrhunderts orientiert sich noch heute an den Prinzipien des ausgehenden 18. Jahrhunderts: Die heiße Luft, umschlossen vom Gehäuse des Ballons, ist weniger dicht als die Luft, die die Hülle umgibt, und beginnt deshalb aufzusteigen. Der Korb hebt sich und wird in der Luft vom Wind getragen. Das Prinzip ist über all die Jahrzehnte gleich geblieben. Was sich geändert hat, das sind die Materialien und Bauweisen. Und dennoch: Der Charme, der Zauber und die Ruhe, die das Ballonfahren auszeichnen, sind als wichtige Charakteristiken erhalten geblieben.
Anders als Luftschiffe sind Heißluftballons nicht mit Turbinen ausgestattet, mithilfe derer man das Gefährt nach links oder rechts steuern kann. Größe und Form eines Ballons sind daher ausschlaggebend, wie leicht sich ein Ballon führen lässt. Im Laufe der vergangenen Jahren gesellten sich eine Reihe spezieller Formen zur klassischen Form des auf den Kopf gestellten Tropfens. Heute können Heißluftballons jegliche Form annehmen. Die Palette reicht vom Märchenschloss bis zum Drachen.
Bilder, die Alberto Pasin bei seiner größten Leidenschaft zeigen: dem Ballonfahren
Welche waren bis jetzt die schönsten Gebiete, die du mit dem Ballon überfahren hast?
Für mich ist die Ballonfahrt auch ein Vorwand, um immer wieder neue Gegenden und Länder zu besuchen und diese von einem privilegierten Blickwinkel aus betrachten bzw. erkunden zu dürfen. Ja, es ist tatsächlich ein Privileg, in einem Korb zu sitzen, der durch die Lüfte streift. Gemeinsam mit meiner Frau und ein paar Freunden bin ich im Ballon über Schwedens Wälder geflogen, wir sind über den wunderschönen Schlösser der Loire aufgestiegen, wir waren im Herzen des grünen und faszinierenden Irlands unterwegs, bei Florenz, in den Apenninen, über den Dächern der Venezianischen Villen und selbstverständlich auch in den Dolomiten, wo ich in der Regel mit dem Ballon unterwegs bin.
Was hält dein privates Umfeld von deiner Leidenschaft für das Ballonfahren?
Es ist ein Hobby, das meinen Charakter wunderbar unterstreicht. Es passt zu mir, immer eine Alternative zu gängigen Gedankenmustern zu suchen. Und in der Folge an Dinge auch anders heranzugehen.
So mancher Tier- und Umweltschützer fragt sich vielleicht: Stören Ballonfahrer den Lebensraum von Vögeln?
Das Ballonfahren stört das Gleichgewicht der Natur in keinster Weise. Im Gegenteil: Der Ballon ist ein überaus leises und ökologisches Flugobjekt.
Wenn man sich entschließt Ballonfahrer zu werden, welche Grundlagen muss man sich aneignen, welche Prüfungen bestehen?
In Italien existieren nur wenige Schulen, die Anwärtern intensive theoretische wie praktische Kurse anbieten. Funktechnik, Meteorologie und praktische Fluglehre, das sind die Tests, die es zu bestehen gilt, um die Flug-Befähigung mit einem Ballon zu erhalten. Ein Schein, der ausschließlich für diese Art von Fluggerät gilt. Für einen Piloten ist es von größter Wichtigkeit, über die örtlichen Wetterverhältnisse sowie -ereignisse Bescheid zu wissen. Nur dann kann er zu einem sicheren Flug aufbrechen.
Für jeden guten Piloten unverzichtbar ist ebenso jenes Gefühl (feeling), das er im Stande ist für seinen Ballon zu bekommen. Denn vergessen wir nicht: Mit einer Höhe und einem Durchmesser von mehr als 20 Meter entspricht ein Heißluftballon der Größe eines sechsstöckigen Gebäudes.
Was macht für dich die Faszination, den besonderen Reiz dieser Sportart aus?
Allgemein betrachtet weckt das Ballonfahren bei vielen Menschen große Neugier. Für Gesprächsstoff ist also immer gesorgt. Was das Fliegen an sich betrifft, so fasziniert mich dieser spezielle Moment der Unsicherheit vor dem Abheben am meisten. Wenn wir aufsteigen, stehen wir immer wieder vor einer Reihe unbeantworteter Fragen: Wie wird das Panorama? Wo, wie und wann werden wir landen? Fragen, die erst beim Fliegen, also in der Praxis, beantwortet werden können.
Und zum Schluss noch eine Frage, die viele brennend interessiert: Was macht man als Ballonfahrer, wenn einem die Blase drückt?
Wir öffnen einen Schacht im Boden des Heißluftballons und … Nein, natürlich nicht! Man erledigt seine Geschäfte vor dem Abheben und ist damit bestens für eine Fahrt – die im Durchschnitt eine Stunde dauert – vorbereitet.
Alberto, herzlichen Dank für das Gespräch.
Gerne.
Übrigens: Wer sich oder seinen Liebsten mit einer Ballonfahrt ein ganz besonderes Geschenk machen möchte, der kann dies auch abseits des Dolomiti Ballonfestivals tun. Der Pilot Alberto Pasin organisiert ganzjährig Ballonfahrten in Südtirol, den Dolomiten und darüber hinaus.
Kontakt:
Alberto Pasin
Tel.: +39 345 1280669
info@mongolfiera.net
www.mongolfiera.net
Geschrieben von Michael Niederwolfsgruber Michael liebt es zu Reisen auf der ganzen Welt. Besonders von Naturlandschaften ist er fasziniert. Primär sind es Berge, Nationalparks, Seen sowie Strand und Meer. In seiner Freizeit fotografiert er gerne und kreiert Videos von den Orten, welche er besucht. Nicht nur die Naturparadiese der Malediven, Seychellen oder der USA gehören zu seinen Lieblingsdestinationen, sondern vor allem seine eigene Heimat, die Dolomiten. Michael auf InstagramMichael auf Facebook